Ziele und erwartete Ergebnisse
Das übergeordnete Ziel des geplanten Projektes ist der Erhalt der genetischen Vielfalt innerhalb des Schleswiger Kaltblutes. Um dieses Ziel zu erreichen, soll zunächst die gesamte Population erfasst werden, um ein möglichst umfassendes Bild der Rasse zu erhalten. Die Einzigartigkeit des Projektes liegt dabei in der Kombination verschiedener innovativer Methoden.
Dabei wird nicht nur die genetische Vielfalt in der Population benannt (genomische Charakterisierung), sondern auch sichergestellt, dass das äußere Erscheinungsbild der einzelnen Tiere objektiv erfasst wird. Darüber hinaus trägt eine umfängliche Bestandsaufnahme dazu bei, die heutige Verwendung von Kaltblutpferden zu dokumentieren. Angesichts der aktuellen Schätzung des Gesamtbestandes von lediglich 400 Schleswigern schafft dieser multidimensionale Ansatz neue Möglichkeiten, die bedrohte Rasse zu erhalten.
Es wurde ein Fragebogen entwickelt, der in einer betreuten Fragebogenaktion eine möglichst umfassende Bestandsaufnahme zur Haltung und Nutzung von Schleswigern ergibt. Einbezogen werden auch solche Tiere, die nicht beim Pferdestammbuch als Zuchttiere eingetragen sind. Die Fragebögen sind je Pferd aufzufüllen und enthalten unter anderem Angaben zur Abstammung, zur Haltung und Fütterung, zur Gesundheit, zur Verwendung und zum Wesen (Charakter) des Pferdes. Darüber hinaus erfasst die Befragung von jedem teilnehmenden Pferdehalter Wünsche und Vorschläge zur zukünftigen Förderung des Schleswiger Kaltbluts.
Ergebnis: Schaffung geeigneter Voraussetzung für aussagefähige Datenanalysen, in denen Genomdaten die präzise Charakterisierung des Schleswiger Kaltblutpferdes u.a. in Bezug auf die genetische Diversität erlauben
Nicht alle Daten, die für eine erfolgreiche und zukunftsorientierte Erhaltungszucht erforderlich sind, lassen sich über Laboranalytik generieren. In der Pferdezucht spielenm verschiedene Kriterien des Exterieurs (äußere Erscheinung), des Ganges und des Wesens sowie ggf. weitere nutzungsbezogene Aspekte eine Rolle. Aus ihrer Ausprägung ergibt sichn eine Einordnung und ein Gesamtbild des einzelnen Pferdes in Bezug auf seine Rasse.
Eintragungs- und Selektionsentscheidungen basieren auf entsprechenden Beurteilungen. Traditionell kommt hierbei ein wertendes Beurteilungssystem zum Einsatz, in dem für wenige, einfach und unspezifisch definierte Merkmale eine Wertnote vergeben wird. Eine solche Note fasst zusammen, wie wenig oder wie umfassend das einzelne Pferd in dem betrachteten Merkmal dem rassespezifischen Zuchtziel entspricht. Ein hohes Maß an Subjektivität und die begrenzte Aussagekraft sind bekannte Schwächen des Verfahrens. Dem gegenüber ergeben sich für die lineare Beschreibung eine höhere Objektivität (Linearwerte geben wieder, was das Auge sieht, und enthalten kein Werturteil). Datenerfassung und Dateninterpretation sind entkoppelt. Die Daten aus der linearen Beschreibung können zunächst einmal „neutral“ ausgewertet werden (z.B. hinsichtlich Varianzen,Erblichkeitsgraden), bevor in einem zweiten Schritt möglicherweise züchterische Rangierungen vorgenommen und Entscheidungen im Sinne einer Wertung getroffen werden. In den zurückliegenden knapp 15 Jahren haben mehr und mehr Reitpferdezuchtverbände die lineare Beschreibung für Exterieur- und Leistungsmerkmale eingeführt, was ihnen in Bezug auf gezielte Selektions- und Anpaarungsentscheidungen eine erheblich verbesserte Ausgangslage verschafft hat.
Gerade für die Erhaltungszucht ist die objektivierte Form der Datenerfassung zum Exterieur und zu weiteren züchterisch relevanten Eigenschaften (z.B. Gang, Wesen / Verhalten), also die Pferdebeurteilung mittels linearer Beschreibung, von hohem Wert. Die Rassevertreter können frei von Werturteilen hinsichtlich ihrer Morphologie (Gebäude / Exterieur) und funktionaler Eigenschaften (Gang, Verhalten) genau und standardisiert beschrieben werden. Diese Daten zu den einzelnen Tieren helfen, die Zuchtarbeit verantwortungsvoll und ausgewogen zu gestalten.
Ergebnis: Schaffung der Datengrundlage für die von subjektiver Bewertung weitestgehend entkoppelte Zuchtarbeit, die rassetypisch einheitliche Merkmalsausprägungen (Phänotyp) anstrebt und ein kontinuierliches Monitoring der Zuchtentwicklung vorsieht.

Im Labor werden SNP-Genotypisierungen auf der Basis des Erbmaterials aus Haarwurzelproben durchgeführt. Die Abkürzung SNP steht für eine bestimmte Form genetischer Marker (Single Nucleotide Polymorphism). Diese Marker können per sog. Chip oder Microarray in entsprechend ausgestatteten Laboren maschinell einfach und kostengünstig in sehr großer Zahl (hier rund 80 000) ausgelesen werden, so dass für jedes untersuchte Pferd ein „genetischer Fingerabdruck“ entsteht.
Die Speicherung dieser Daten erfolgt in der Pferdegenomdatenbank, die das Rechenzentrum Vereinigte Informationssysteme Tierhaltung w.V. in Verden (vit) im Auftrag der angeschlossenen Pferdezuchtverbände betreibt. Über die etablierte Infrastruktur der Pferdezucht ist die Nutzbarkeit der Daten zur Bearbeitung wissenschaftlicher Fragestellungen sowie einzelpferdbezogener Anfragen gewährleistet. Datenverfügungsberechtigt ist in jedem Fall die Eigentümerin bzw. der Eigentümer des Pferdes. Das PSB SH kann über die Online-Zuchtverbandsanwendung serv.it PFERD von Eigentümern gewünschte Datenanalysen etwa zum Auslesen der Farbgenetik-Marker veranlassen.
Es schließt sich die Analyse der genetischen Homo- bzw. Heterogenität der Schleswiger auf der Grundlage der SNP-Information an. Dies erlaubt eine genaue Charakterisierung der Population, die genombasierte Identifikation von Linien, sowie die Untersuchung der verwandtschaftlichen Nähe zu anderen Pferderassen.
Ergebnis: Objektive Charakterisierung der Populationsstruktur und Einordnung des Schleswiger Kaltbluts auf genomischer Basis.

Entwicklung einer Anpaarungsplanung, welche Erkenntnisse aus umfangreichen Datenerhebungen
(Fragebögen, Genotypisierungen, Analysen der Populationsstruktur) verknüpft und ausgewogen einbezieht.
Ergebnis: Erschließung des Potenzials einer innovativen Anpaarungsplanung nach genomischer
Verwandtschaft und unter Berücksichtigung objektiv erfasster Rasseeigenschaften.
Fortführung des Anlegens einer Genreserve, die auf Zuchtmaterial für die Erhaltungszucht wichtiger Hengste (Kryokonservierung von Sperma) aufbaut und deren mögliche Erweiterung für die Sicherung von Stutenlinien (Kryokonservierung von Embryonen) erprobt wird.
Ergebnis: Aktiver, praxiswirksamer und anschlussfähiger Beitrag zum Erhalt von Zuchtlinien des Schleswiger Kaltbluts.

